Das als Handwerkerdorf bezeichnete Marmagen ist ein Ortsteil von Nettersheim im Kreis Euskirchen und zählt ca. 1700 Einwohner. Aufgrund seines keltischen Ursprungs kann man auf eine nahezu 2000 jährige Geschichte zurückblicken.
Das heutige Marmagen, zur Römerzeit "Marcomagus" genannt, war eine Aussiedlung an der römischen Fernstrasse von Trier nach Köln.
Besondere Bedeutung erzielte Marmagen durch den Schulmeister Leo Heinrich Bönickhausen, der von 1680 bis 1695 in Marmagen lebte und ein Vorfahr des Eiffelturm-Erbauers Gustave Eiffel war.
Der Sohn von L. H. Bönickhausen - Wilhelm Heinrich - soll nach Paris ausgewandert sein, seinen Vornamen geändert haben und seinem Nachnamen "Eiffel" hinzugefügt haben. Ein Gedenkstein am Eiffelplatz in Marmagen erinnert an Gustave Eiffel.
Aber auch eine andere Einrichtung hat die kleine Gemeinde weit über ihre Tore hinaus bekannt gemacht - die Eifelhöhenklinik - eine Fachklinik für Rehabilitation in den Bereichen Orthopädie, Neurologie, Innere Medizin und Traumatologie. Sie verfügt über 370 Betten und beschäftigt 300 Angestellte.
Bereits im Jahre 1308 wird erstmalig der Pfarrer von Marmagen im liber valoris genannt, ein Steuerverzeichnis der Kölner Erzbischofs Heinrich II. von Virneburg.
Die heutige St. Laurentiuskirche geht auf spätgotischen Ursprung zurück, hatte aber vermutlich eine Vorgängerkirche. Es wird nicht ausgeschlossen, dass sie sich auf römischen Fundamenten befindet.
Als ehemals einschiffiger Bau mit Westturm wurde die Kirche nach Plänen des Kölner Architekten Eduard Endler im Jahre 1896 durch Seitenschiffe erweitert.
Nach dem ersten Weltkrieg wurde im Jahre 1923 die Kirche erneut umgebaut. Der alte Westturm wurde abgerissen und durch einen neuen ersetzt.
Außerdem kamen zwei Joche hinzu.
Nach dem 2. Weltkrieg erfuhr die Pfarrkirche unter ihrem damaligen Pfarrer Erich Froitzheim eine umfassende und moderne Neugestaltung. In den Jahren 1955/56 konnte Pfarrer Froitzheim junge Künstler aus der Kölner Werkschule für diese Aufgaben gewinnen.
Der Eingang der Kirche wird als Laurentiusportal bezeichnet, das von Theo Heiermann gestaltet wurde. Es besteht aus Holz und entstand im Jahre 1956. Der Hl. Laurentius, Schutzpatron und Namensgeber der Marmagener Dorfkirche wurde vermutlich in Spanien geboren und starb am 10. August 258 in Rom. Zur Zeit des Papstes Sixtus II. war er römischer Diakon und starb als christlicher Märtyrer.
Oberhalb des Laurentiusportal befindet sich an der nördlichen Seite der Westwand ein sogenanntes Teufelsfenster, das von Titus Reinarz stammt (1980). Es zeigt zwei Teufelchen, die auf dem Fensterrand hocken. Während das eine Teufelchen die ankommenden Kirchenbesucher anstarrt, schaut das andere gebannt in die Kirche. Es soll zeigen, wie der zynische Ungeist der heutigen Kirche näher rückt.
Im Vorraum der Kirche befindet sich hinter einem Schmiedegitter ein kleiner Raum mit einer Pieta an der Stirnwand und rechts daneben, in der Wand eingelassen, eine Monstranz.
Dieser Raum ist die sogenannte Hermann-Josef Kapelle und dient allen Marmagener Bewohnern- unabhängig ihres Glaubens - als Totenkapelle.
Beim Betreten der Kirche fällt die moderne Ausrichtung des Kircheninneren auf. Anstelle von Bänken, sitzen hier die Gläubigen in Stuhlreihen, die miteinander verbunden sind. Das Gewölbe besteht aus zahlreichen Rippen, die auf mächtigen Pfeilern aus Eifeler Sandstein ruhen.
Eine im Jahre 1896 eingebaute Kreuzblume auf dem mittleren Kreuzgewölbe ist vermutlich auf das 14. Jahrhundert zurück zu führen.
Die ältesten Bauteile der Kirche sind die ehemalige Sakristei, die jetzt als Taufkapelle fungiert, sowie der lichtdurchflutete Chorraum mit seinem spätgotischen Altar aus dem 14. Jahrhundert, der von R. und D. Keulen restauriert wurde.
Unterhalb der Altarplatte sieht man von links nach rechts Abbildungen von folgenden Propheten und Heiligen:
Jesaja - Jeremia - Johannes der Täufer - Johannes der Evangelist - Ezechiel und Daniel
In der Mitte zwischen diesen Figuren sieht man eine Mittelrose, wie man sie auch auf Kreuzblumen, sowie oberhalb des Tabernakels findet.
Das moderne Altarkreuz, von dem Künstler Klaus Balke geschaffen, besteht aus Zinn und zeigt beeindruckend das starke Leiden Christi.
Ein Aufbau des alten Altars von dem nur noch zwei Seitenteile bestehen, befinden sich heute im hinteren Teil der Kirche über der Altarzwischenlösung.
Die von den Gebrüdern Schmidt aus Marmagen gefertigten Relieftafeln zeigen zum einen die "Sendung des Heiligen Geistes" und zum anderen "Die Auferstehung des Herrn". Diese Altarzwischenlösung bestand aus einer Holzplatte mit geschmiedeten Beinen und wurde 1994 von Pfarrer Wolfgang Frisch durch einen neuen Altar ersetzt.
Dieser Altar, der dem spätgotischen Altar vorgelagert ist, besteht aus rotem Eifelsandstein, während die Altarplatte aus rotem Veronamarmor gearbeitet ist.
An den vier Seiten des Altarsockels sind Darstellungen aus der Bibel zu finden, wie z. B. an der Vorderseite das Lamm Gottes und das himmlische Jerusalem.
Rechts vom Altar steht der aus gleichem Material gefertigte Ambo mit einem umlaufenden Ornamentband, das aufgebrochene Körner darstellen soll.
Links neben dem alten Altar ist hinter einem starken Gitter der Tabernakel in die Wand eingelassen, der die geweihten Hostien beinhaltet. Die Taufkapelle zählt als ehemalige Sakristei zu den ältesten Bauelementen der Kirche.
In der Mitte des Raumes steht das mächtige Taufbecken, dessen Sockel aus Marmor um 1970 gefertigt wurde.
Der bronzene Deckel des Taufbeckens wurde von Jochen Pechau aus Köln gefertigt und symbolisiert eine Zisterne in Jerusalem, in der Kranke und Gebrechliche geheilt wurden. Er ist mit diversen Figuren verziert, unter anderem eine Darstellung der Mutter Gottes mit dem Jesuskind.
Das in der Taufkapelle befindliche Glasgemälde ist ein Werk von Hans Lünenborg aus Köln, der auch die neuen Kirchenfenster gestaltete, die von der Glasmalerei Dr. H. Oldtmann aus Linnich im Jahre 1975 ausgeführt wurden.
Die Fenster im Chorraum zeigen von links nach rechts:
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Erweckung der Tochter des Jarius
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Auferstehung und Himmelfahrt Jesu
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Erweckung des Jünglings von Nain
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Erweckung des Lazarus
Zwei Halbfenster auf der linken Seite sollen den Betrachter dazu anregen, seiner Fantasie freien Lauf zu lassen. Ein Teil der Verglasung im oberen Bereich stammt jeweils aus den Jahren vor 1945.
Auf der gegenüber liegenden Seite befindet sich eine Orgel des Orgelbauers Johannes Klais aus Bonn und verfügt über 17 Register.
Die musizierenden Engel auf der Orgel wurden von Klaus Balke erschaffen.
Links von der Orgel sehen wir wieder ein modernes Kirchenfenster von Lünenborg, das die "Heilung des Tauben" darstellt, während rechts der Orgel die "Heilung des Blinden" dargestellt ist, sowie ganz rechts das Fenster die "Heilung der blutflüssigen Frau" wiedergibt.
Beeindruckt hat mich auch, dass man die Kirchenfenster nicht nur vom Inneren der Kirche gut betrachten kann, auch von aussen erzählen sie ihre biblische Geschichte und dürften manchen Fußgänger animieren, diese Kunstwerke einer näheren Betrachtung zu unterziehen.
So befinden sich an der Nordwand der Kirche, von aussen betrachtet, zur rechten ein Bildnis, das die "Heilung des Aussätzigen" darstellt, während links daneben die "Geschichte des Gichtbrüchigen" zu sehen ist.
An der Nordseite der Ostwand hängt ein Triumphkreuz aus dem 17. Jahrhundert. Es zeigt den gekreuzigten Jesus mit kräftigem Körper, den Kopf auf die rechte Schulter geneigt und eine schwere Dornenkrone tragend.
Auf der Südseite der Ostwand befindet sich dagegen eine Laurentiustafel, die in sechs Bildern das Leben des Heiligen darstellt. Eine Nische inmitten der Bilder bewahrt das Laurentius Reliquiar auf, das mit einem Gitter gesichert ist.
Im hinteren Bereich der Kirche steht vor einem der Pfeiler auf der linken Seite eine Marienstatue. Sie wurde 1975 von Jochen Pechau als Sandsteinplastik geschaffen und zeigt Maria milde lächelnd mit dem Jesuskind auf ihrem Schoß, das mit Blumen und Ähren spielt.
Auf der rechten Seite, ebenfalls vor einem Pfeiler, steht eine Josefsstatue aus Holz, deren Ursprung dem Beginn des 20. Jahrhundert zugeschrieben wird. Die damalige Fassung von dem Kölner Künstler Rudolf Wuttke fand wenig Anklang bei der Bevölkerung.
Titus Reinharz aus Vehn bei Sinzig stellte daraufhin den mit blauer Säge und violetten Schuhen ausgestatteten Josef auf eine Sandsteinsäule.
An deren unterem Ende schläft David´s Vater Jesse. Aber auch diese Darstellung fand keine Anerkennung bei den Marmagener, sodass nach dem Wegzug Pfarrer Froitzheim die Josefstatue ihre jetzige Form erhielt und nun die Zustimmung aller finden dürfte.
Neben dem Hauptaltar aus dem 14. Jahrhundert ist das wohl älteste Inventar ein Vortragekreuz aus dem 13. Jahrhundert. Es ist aus Holz und 68 cm hoch und mit vergoldetem Kreidegrund überzogen. Die schweren Endigungen zeigen eine Lilienform, die mit Holzperlen und Glasschmuck verziert sind. Hierüber war leider kein Bild vorhanden.
Die älteste Glocke der Marmagener Kirche datiert aus dem Jahre 1505 und ist in der Tonart gis´ von Gregorius von Trier gegossen worden. Sie trägt die Aufschrift "Scts. Laurentius heischen ich, die leven rufen ich, die Dodn beklagen ich. Gregorius von Trier gous mich Anno Dni MCVCV."
Die zweite Glocke mit dem Ton fis´wurde im Jahre 1510 gegossen und trägt die Inschrift: "Sca Maria ind Anna heischen ich, in dyi eren Godz luden ich, den Duvel verjagen ich. Gregorius von Trier gons mich Anna Dni XVCX."
Eine aus dem Jahre 1722 stammende Glocke wurde 1917 zu Kriegszwecken eingeschmolzen. Erst 1984 erhielt die Kirche eine dritte Glocke von der Glockengießerei Cornelia Mark aus Brockscheid/Eifel mit dem Ton dis´.
Meine ersten Fotoaufnahmen machte ich in der Weihnachtszeit 2008/2009, sodass ich auch die sehr schöne Krippe bewundern und fotografieren durfte. Wohl aus Sicherheitsgründen fehlte das Jesuskind, was aber der ansonsten ausdrucksstarken Krippe keinen Abbruch tat.
Weitere Bilder - auch von der Krippe - findet Ihr in der Diaschau.